Erinnerung an die Heldin: Stolperstein für zwangsrekrutierte Elsässerin

Brumath, Frankreich - In einer bewegenden Zeremonie wurde am 22. Mai 2025 im elsässischen Dorf Brumath eine besondere Ehrung vorgenommen: Zum ersten Mal wurde eine von der Wehrmacht zwangsrekrutierte Elsässerin mit einem Stolperstein geehrt. Laut Stern bezeichnete Historiker Christophe Woehrlé diesen Stolperstein als den ersten, der einer „Malgré-nous“ gewidmet ist. Der Begriff „malgré-nous“ bedeutet „gegen unseren Willen“ und beschreibt die Zwangsrekrutierung von rund 130.000 Menschen aus dem annektierten Grenzgebiet während des Zweiten Weltkriegs.
Yvette Schacké, die 1925 in Straßburg geboren wurde und im April 1944 zwangsrekrutiert wurde, gehört zu dieser Gruppe. Ungefähr 40.000 der Rekrutierten sind nach dem Krieg nicht zurückgekehrt. Schacké wurde zunächst nach Deutschland und später in die Nähe von Danzig geschickt. Tragischerweise befand sie sich im Januar 1945 auf dem Schiff „Wilhelm Gustloff“, das von einem sowjetischen U-Boot torpediert wurde, und sank mit etwa 10.000 Menschen an Bord. Schacké zählt vermutlich zu den Todesopfern dieses Unglücks.
Die Geschichte der „Malgré-nous“
Die Zwangsrekrutierung in Elsass-Lothringen war lange Zeit ein Tabu in Frankreich. Mit dem Beginn der Besetzung und der Annexion im Juni 1940 wurden die Elsässer und Lothringer von den Deutschen als Volksdeutsche betrachtet und zur Wehrmacht oder Waffen-SS eingezogen. Laut Wikipedia führten diese Rekrutierungen zu einem Stigma, unter dem die Überlebenden oft als Kollaborateure und Verräter an Frankreich galten. Ihre Selbstbenennung als „Malgré-nous“ reflektiert ihren Widerstand gegen den Militärdienst und ihre pro-französische Gesinnung.
Im Verlauf des Krieges wurden über 90% der Rekrutierten an der Ostfront eingesetzt, und die Verluste waren verheerend. Schätzungen zufolge sind rund 32.000 Menschen in den Kämpfen gestorben, während 10.500 als vermisst gelten. Viele versuchten, über die Vogesen nach Frankreich oder in die Schweiz zu fliehen, wobei einige den Einsatz in der Wehrmacht nicht überlebten.
Die Rehabilitierung der Malgré-nous
Erst lange nach dem Krieg gab es Bemühungen um Rehabilitation. Im Jahr 2010 rehabilitierte der damalige Präsident Nicolas Sarkozy die „Malgré-nous“ als Opfer von Kriegsverbrechen. Dies war ein wichtiger Schritt, um die oft ambivalente Stimmung im Elsass zu ändern, wo Überlebende häufig Vorwürfen ausgesetzt waren.
Die Zeremonie in Brumath ist nicht nur eine Anerkennung von Yvette Schacké, sondern auch ein symbolisches Zeichen für alle, die unter den Folgen der Zwangsrekrutierung gelitten haben. Stolpersteine, ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig, erinnern seit den 1990er Jahren in über 30 europäischen Ländern an das Schicksal verfolgter, vertriebener und ermordeter Menschen während der Nazizeit. Mit über 100.000 verlegten Steinen bilden sie ein eindringliches Mahnmal gegen das Vergessen.
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Ort | Brumath, Frankreich |
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