
Am 2. April 2025 feierte Elisabeth Wiechert ihren 100. Geburtstag im Seniorenheim St. Barbara in St. Ingbert. Sie wurde als Elisabeth Mischke im Warthegau geboren, einer Region, die heute zu Polen gehört. Ihr Leben ist geprägt von den dramatischen Ereignissen des Zweiten Weltkriegs und der anschließenden Vertreibung, die sie in jungen Jahren erlebte.
Bis zu ihrem 100. Geburtstag lebt sie in einem Einzelzimmer im Seniorenheim, wo sie viele Bekannte hat. Glückwünsche erhielt sie von der Ortsvorsteherin Irene Kaiser, Ulrike Mauß, die den Landrat vertritt, sowie von Ministerpräsidentin Anke Rehlinger, die ein persönliches Schreiben und ein Präsent überbrachte. Ihr lange unten als Kind erlebter Verlust prägte ihre Jugend, denn bereits im Jahr 1945 starb ihr Vater Franz auf der Flucht und wurde in Frankfurt/Oder beerdigt.
Die Flucht und ihre Folgen
Die Flucht aus dem Kreis Saatzig, in dem Elisabeth Mischke lebte, verlief chaotisch. Trotz optimistischer Berichte von Behörden war die Bevölkerung von Unsicherheit geprägt. Politische Konflikte unter dem Gauleiter Schwede-Coburg trugen zur Verunsicherung bei. Am 3. Februar 1945 begannen sich die ersten Flüchtlingstrecks zu bilden, was dem Ausbruch der Kämpfe voranging.
Wie aus Berichten hervorgeht, nahmen die Fluchtbewegungen aufgrund der militärischen Auseinandersetzungen erheblich zu. Der größte Teil der Bevölkerung flüchtete unter extremen Bedingungen. Viele erlebten Hunger, Kälte und Krankheiten, was die leidvollen Erfahrungen der Vertreibung symbolisiert. Schätzungen zur Zahl der Todesopfer während dieser Flucht schwanken zwischen 400.000 und zwei Millionen.
Nach dem Krieg fanden die Mischkes Zuflucht in Mühlhausen, Thüringen. Dort arbeiteten sie, um im Alltag zu überleben; Elisabeth begann in einer Strickerei und fand später Anstellung bei der Reichsbahn als Schaffnerin. 1955 heiratete sie Helmut Wiechert, und drei Jahre später zog die Familie nach St. Ingbert.
Ein neues Leben in St. Ingbert
In St. Ingbert wuchs ihre Familie weiter. Ihr Sohn Manfred wurde 1960 geboren und lebt heute in Bayern. Tragisch war der Verlust ihres ersten Sohnes Franz, der 1947 geboren wurde und 2020 starb. Auch ihre Schwiegertochter Ingrid verstarb vor zweieinhalb Jahren. Trotzdem bleibt Elisabeth aktiv und kommuniziert regelmäßig mit ihren Nichten und Neffen in ganz Deutschland.
Nachdem gesundheitliche Probleme einen längeren Krankenhausaufenthalt erforderlich machten, zog sie 2020 ins Seniorenheim. Dort nimmt sie regelmäßig an Veranstaltungen teil und spielt gerne „Mensch-ärgere-dich-nicht“. Manfred und seine Frau Andrea besuchen sie oft und begleiten sie auch zum Friedhof.
Elisabeth Wiechert interessiert sich nach wie vor für das Geschehen in der Welt. Sie liest täglich die Saarbrücker Zeitung und wählt dazu Artikel nach ihren Interessen aus. Ihr 100. Geburtstag ist ein bedeutendes Zeugnis ihres langen und ereignisreichen Lebens, das von Verlusten, aber auch von der Fähigkeit geprägt ist, trotz aller Widrigkeiten weiterzumachen.
In der Zeit des Zweiten Weltkriegs und den darauffolgenden Jahren erlebten Millionen Deutsche ähnliche Schicksale wie das von Elisabeth. Die gewaltsame Vertreibung und Flucht hinterließen tiefe Wunden in der Gesellschaft und prägen bis heute das Gedächtnis der betroffenen Generationen. Ihre Geschichte ist nicht nur die Geschichte einer einzelnen Frau, sondern auch Teil der kollektiven Erinnerung an die schwierigen Nachkriegsjahre in Deutschland.